Über nachhaltiges Angeln

Zu viele Angler, zu wenig Fische? Entnahmepflicht oder Küchenfenster? Oder ganz einfach gefragt: Wie werden unsere Kinder eines Tages angeln, wenn wir so weitermachen wie bisher?

Unser Autor Alex Schütte von Alpside Fishing macht sich in seiner Serie Gedanken zur nachhaltigen Angelei.

Der Angeldruck ist in den letzten Jahrzehnten doch deutlich gestiegen, und wir werden einfach immer mehr Leute, die gerne ihre Zeit am Wasser und in der Natur verbringen (wollen). Zum einen ganz schön, da die Gemeinschaft und die Angelindustrie so stetig wachsen und sich weiterentwickeln. Zum anderen auch wirklich ein Problem, wenn man sich mal anschaut, wie „überfischt“ manche Ge- wässer doch sind und wie schlecht der Umgang mit den Fischen und der Natur meistens noch dazu ist.

Richtige Vorbilder in der Öffentlichkeit gibt es eigentlich kaum, nur die Fliegenfischer verhalten sich bereits seit Jahrzehnten vorbildlich am Wasser. Gerade beim Spinnfischen sind wir wirklich noch weit von einem nachhaltigen Umgang mit den Fischen entfernt. Hier herrschen eher Konkurrenzkampf und Trophäenjagd („Schwanzvergleich“ – jeder Zentimeter zählt). Bestes Beispiel sind die ganzen „Youtube Fame Bitches“ und Möchtegern-„Profi-Angler“, bei denen man niemals eine nasse Hand oder gar eine Ab- hakmatte sieht. Es geht nur um die Angelindustrie (Big Fish), Sensantionsgeilheit und damit verbundene Klicks/ Likes (Ego-Poliererei).

Diese negativen Faktoren lassen den Erfolgs-Druck eines Anglers natürlich ungemein steigen, der verzweifelt versucht, mitzuhalten und in kürzerster Zeit möglichst viele und vor allem große Fische zu fangen.

Dabei spielt die Zeit heutzutage bestimmt die größte Rolle. Denn neben dem normalen Vollzeitjob bleibt meist einfach nicht mehr viel Freiraum und Energie für unser Hobby, wodurch der Erfolgsdruck weiter steigt. Denn wenn man dann schon mal zum Fischen kommt, möchte man natürlich auch etwas fangen. Doch die Fische oder das wechselhafte Beißverhalten können nichts für unseren Mangel an Zeit.

Die Kombination aus industriellem „Big Fish Syndrom“ und mangelnder Zeit ist wohl eine der schlimmsten Krankheiten der modernen Fischerei.

Dadurch werden manche Angler (die gerne Fisch essen) zu wahren Fischräubern, die alles, was sie fangen, mit nach Hause nehmen und im Gefrierfach sammeln. Denn es kann ja passieren, dass sie beim nächsten Mal vielleicht gar nichts fangen, und dann ist wenigstens noch etwas im Gefrierschrank. Obwohl ja heutzutage (bis auf die Berufsfischer) bestimmt niemand mehr vom Fischfang abhängig ist. Wir haben inzwischen die Möglichkeit, im Supermarkt bequem auf Beutejagd zu gehen und müssen nicht hungern, wenn wir mal nichts fangen.

Leider gibt es neben den „kleinen“ Fischräubern auch genügend Berufsfischer, die sich am Fischbestand unserer Gewässer bereichern. Daher sollte es für alle Fischer eine einheitliche Regelung für eine vernünftige Fangbeschränkung sowie ein nachhaltiges „Entnahmefester“ geben, damit unsere Gewässer nicht komplett kaputtgewirtschaftet werden.

Auch die Entnahmepflicht, wie sie etwa in Deutschland propagiert wird, kostet zu vielen wichtigen Fischen das Leben und dem Gewässer generell wahnsinnig viele Jahre an Wachstum und Evolution. Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn das gesamte Öksosystem zeitlich nicht

mehr hinterher kommt und komplett zusammenbricht. Überlegen Sie mal, wie viele Jahre Wachstum einem Gewäs- ser entnommen wird, wenn zum Beispiel fünf 40-Zentimeter-Barsche mitgenommen werden und wie lange es dauert, bis solche Fische wieder in der Größe nachwachsen – 100 bis 125 Jahre! Und die jüngeren Barsche um die 20 bis 35 Zentimeter schmecken eh viel besser…

Gerade wenn man zu viele kapitale Fische abschlägt, kommen keine großen Fische mehr nach – das ist bereits wissenschaftlich bewiesen. Und wenn man alle Hechte über dem Schonmaß von 50 bis 60 Zentimeter entnimmt, kann von denen auch keiner mehr zu einem großen Fisch heranwachsen. Das dürfte jedem einleuchten.

Wenn man nach Schweden, in die Niederlande oder in andere Länder mit einem guten, gesunden Fischbestand schaut, ist es ganz offensichtlich, dass der Schutz von Laichfischen, ein „Küchenfenster“ und/oder Catch & Release dem Ökosytem wahnsinnig viel bringen.

Da brauchen wir auch keine neue Diskussion anzufangen oder irgendwelche Begründungen vorschieben wie: „Das Wasser ist viel sauberer geworden und deshalb gibt es jetzt wenig Fisch.“

Die Fakten liegen auf dem Tisch und die Hintergründe dazu kann man in den Geschichtsbüchern nach- bzw. am Verhalten unserer Vorfahren ablesen. Auf das Thema möchte ich gern im zweiten Teil der nachhaltigen Fischerei im nächsten Heft noch detaillierter eingehen.

Ein weiteres großes Problem der Angelgemeinschaft ist der „Fischneid“, der ebenfalls durch die mangelnde Zeit, den zurückgehenden Fischbestand und den Konkurrenzkampf um den größten Fisch entsteht. Fischneid findet man leider auch in vielen Freundes- und Kollegenkreisen und wird den meisten Anglern durch die Verschwiegenheit, ja keine Informationen zu (kapitalen) Fängen, Köder etc. wei- terzugeben und durch die Konsumgesellschaft, in der man alles gleich haben will, sozusagen in die fischereiliche Wiege gelegt.

Hat man sich erst mal von den ganzen schlechten Gedanken befreit, sieht man das Angeln mit anderen Augen. Denn Angeln bedeutet noch viel mehr als nur Fische zu fangen. Für mich persönlich bedeutet Angeln, die Natur besser verstehen zu dürfen und gemeinschaftlich mit Freunden, Kollegen oder Gästen eine tolle Zeit am Wasser zu verbringen. Das heißt, sich auch als Keschermeister, Fotograf oder auch nur weil man live dabei war, über die Fänge von anderen Anglern wie Freunden, Kollegen oder den Insassen des Nachbarbootes zu freuen.

Das war auch der Grüdungsgedanke von Alpside Fishing, einer fischereilichen Gemeinschaft aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien sowie seit ein paar Jahren auch einem Guiding-Unternehmen, um unsere Gewässer und das damit verbunden Wissen mit der ganzen Angelgemeinschaft teilen zu können.

Viele Angler versuchen leider immer wieder ihren Mangel an Zeit mit Tausenden von Kunstködern und einer wahren Tackle-Überflutung auszugleichen. Doch den besten Köder kann man einfach nicht kaufen und der ist und bleibt einfach: die Zeit!

Wenn man alle Hechte über dem Schonmaß entnimmt, gibt es bald keine solchen Exemplare mehr.

Leider gibt es neben den „kleinen“ Fischräubern auch genügend Berufsfischer, die sich am Fischbestand unserer Gewässer bereichern.

 

Über nachhaltiges Angeln
Wir wollen auch in Zukunf t noch in solchen Gewässern angeln und fangen.

 

Denn es ist ganz einfach: Umso mehr Zeit man am Wasser verbringt bzw. umso länger der Köder im Wasser ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fisch anbeißt.

Genau deshalb sollte man auf seine eigene Zeit etwas mehr schauen und nicht immer gleich alles auf die falschen Köder, das Gewässer oder das Beißverhalten der Fische schieben, wenn nach zwei Stunden immer noch nichts gebissen hat. Falls es mit der Arbeit, der Familie oder als Neueinsteiger etwas schwieriger sein sollte, kann ich jedem nur den Rat geben, die Gemeinschaft direkt am Wasser zu suchen.

Damit meine ich nicht die meisten Internetforen, in denen sich jeder besser auskennt als der andere und die Leute gegenseitig mehr auf sich losgehen als aufeinander einzugehen.

Bei Fischereivereinen und Verbänden sollte man vorher genau hinschauen. Manchmal kostet die „Vereinsmeierei“ oft mehr Energie und Zeit, als man Spaß und Erfolg davon hat. Es gibt aber auch ein paar vorbildliche Vereine, wie z.B in Kärnten der SZV Villach, der über 110 Tonnen Kies für optimale Laichgründe der Futterfische, wie Lauben, Rotaugen etc. aufgeschüttet hat und in der Bestimmung pro Tag/ Woche nur den Fang von maximal einem Barsch über 40 Zentimeter erlaubt. Solche Maßnahmen sind für Gewässer und Fischbestand ein absoluter Segen, und das merkt man schon, wenn man nur einen Blick ins Wasser wirft. Leider sind solche Vereine noch selten, und viele Verbände könnten sich davon ein dicke Scheibe abscheiden.

Mit Gemeinschaft meine ich eher, gleichgesinnte Kollegen am Wasser zu suchen und zu treffen, mit denen man die eigenen Erfahrungen austauschen kann. Nur so wird man meiner Meinung nach ein erfolgreicher und selbstständiger Angler, der sein eigenes Handwerk versteht und in manchen schwierigen Situation richtig reagieren kann. Wichtig ist einfach, dass man versucht, sich langsam von der reinen „Rezeptfischerei“ zu trennen. Das bedeutet nicht nur, auf Gehörtes, Geschriebenes oder technische Hilfsmittel wie Echolote zu vertrauen, sondern eher auf die eigene Erfahrung und Intuition zu hören.

 

 

Über nachhaltiges Angeln

Schonende Behandlung des Fisches ist das A und O.
Den besten Köder kann man einfach nicht kaufen und der ist und bleibt: die Zeit!

 

Allein wird es eher mühsam und zeitaufwendig, aber natürlich kann auch diese Herangehensweise von Erfolg gekrönt sein. Mir persönlich machen der Pioniergeist und die Herausforderung der großen Seen sogar wahnsinnig Spaß. Ich probiere einfach gern herum und beobachte, wie die Fische darauf reagieren.

Gerade beim Erkunden von neuen und teilweise unbekannten Gewässern tut ein Tapetenwechsel meist recht gut, und man lernt oft neue Sachen dazu bzw. bekommt einen neuen anglerischen Blickwinkel. Genau das hat mir an manchen schlechten Angeltagen noch den ein oder anderen Biss beschert, obwohl die Fische auch dann nicht immer am Haken hängen bleiben und ich natürlich auch mal als Schneider nach Hause gehe. Das gehört einfach ganz normal zur Fischerei und zum Leben dazu – es gibt halt Regen- und Sonnentage!

 

Über nachhaltiges Angeln
Alex Schütte – Alpside Fishing mit einem 20 Jahre alten Barsch

Deshalb sollte man vielleicht auch mal woanders zum Angeln gehen, etwas Fahrzeit auf sich nehmen oder den nächsten Urlaub mit dem Angeln verbinden, denn es gibt natürlich auch Gebiete, wo es kaum regnet (Beißflauten hat) und man einfach mehr Sonnentage (Fangtage) im Jahr hat.

Das ist auch der Grund, warum ich als professioneller Guide nicht nur geführte Touren in Süddeutschland, sondern auch an den großen Seen in Österreich und in Italien am „Grande Fiume Po“ anbiete. Da hat man doch viel bes- sere Chancen, das ganze Jahr über erfolgreich Fischen zu können und vielleicht den Fang seines Lebens zu machen.

Dass der Mensch natürlich auch großen Einfluss auf das „Wetter“ hat, sollte mittlerweile jedem klar sein. Stellen Sie sich vor, Ihre Kinder würden kaum noch Sonne kennen und fast nur noch Regen, da würde der Haussegen ganz schön schief hängen.

Genau das passiert immer mehr mit der Angelei und den Leuten am Wasser. Veraltete Gesetze mit festen Schonzeiten und -maßen, Echolot-Verbote und hirnlose Bestimmungen wie eine Entnahmepflicht tragen immer mehr zum schlechtem Wetter und größer werdendem Erfolgsdruck (Fischneid, Fischräuberei, weitere Verbote) in der Angelei bei.

Deshalb sollten wir uns auch dringend mehr Gedanken über den Fisch- und Gewässerschutz und die damit einhergehende nachhaltige Fischerei machen.

Aber was bedeutet überhaupt „nachhaltige Fischerei“?

Nicht nur die Meere sind überfischt, sondern auch un- sere Seen und Flüsse. Erschwerend kommt noch dazu, das sich der Mensch durch bauliche Maßnahmen der Energiegewinnung, Schifffahrt und menschlichen Bedürfnissen immer weiter über die Natur stellt und sich ganz einfach an ihr bereichert.

Nachhaltige Fischerei bedeutet allerdings etwas ganz anderes, und zwar die Ressourcen (Natur und Gewässer) so zu nutzen, dass die Stabilität des Ökosystems (Fischbestand) gewährleistet ist und auch für die nächsten Generationen (unsere Kinder) bestehen bleibt.

Ich selbst konnte in den letzten 20 Jahren definitiv einen Rückgang unseres Fischbestandes beobachten. Nicht nur die kapitalen Exemplare, die auch sehr wichtige Laich- fische in unseren Gewässersystemen sind, fehlen mittlerweile vielerorts, sondern auch die Futterfische, welche die Grundlage für einen gesunden Fischbestand schaffen.

Da bringt es auch reichlich wenig, mit reiner Besatzfischerei, wie es die letzten Jahrzehnte passiert ist, entgegen zuwirken. Denn diese fremden Fische (DNA) sind meisten gar nicht überlebensfähig, da sie sich in ein paar Jahren nicht an das Gewässer anpassen können, wofür die Evolu- tion mehrere hunderte von Jahren oder gar Jahrtausende gebraucht hat.

Solche fremden Zuchtfische können dem Ökosystem sogar schaden. Vor allem, wenn fangfähige Fische besetzt werden. Ich konnte schon öfter beobachten, wie etwa Forellen völlig erschöpft schwammen, nachdem sie minutenlang ohne Unterbrechung Nadelbrut/Futterfische an der Oberfläche gejagt hatten. Das natürliche Jagdverhalten fehlt einfach, und die Fische kennen sind in wilder Laufbahn überhaupt nicht aus.

Durch solch ein verstörtes „Geisterfahrer“-Verhalten wird das Gleichgewicht doch sehr durcheinander gebracht, und mancher Naturbestand wird dadurch leider verdrängt oder stirbt ganz aus. Auch Raubfische wie Hechte und Zander stellen dadurch ihr Jagdverhalten komplett um, schießen sich auf die leichte Zuchtfisch-Beute, die keine natürlichen Feinde kennt, ein oder fühlen sich sogar beim Jagen zum Beispiel an der Oberfläche durch die Unruhe gestört.

In den nächsten Ausgaben möchte ich deshalb auch noch etwas näher auf die Geschichte der Fischerei, den richtigen Umgang mit den Fischen, die Eigenverantwortung am Wasser und die damit verbundene nachhaltige Angelei eingehen.

Quellverweise: Alex Schütte – Alpside Fishing, „Am Haken Magazin“